Derzeit sorgt eine Serie für Aufsehen, die weder von Amazon, noch von Netflix produziert wurde, sondern vom US-Streamingdienst Peacock. Bei uns ist „Dr. Death“ seit kurzem auf TVNOW exklusiv verfügbar. Die 8-teilige Miniserie erzählt die wahre Geschichte des Dr. Christopher Duntsch, der viele seiner Patienten vestümmelte (und einige sogar tötete) und damit jahrelang ungestraft durchkam. Während die Episoden 1 bis 6 durchwegs solide bis spannend gemacht sind, verliert sich die Serie in den letzten beiden, an sich wichtigsten Folgen in Pathos und Moralismus, die Frage, die davor immer wieder aufgeworfen wird und einen Gutteil der Faszination des Stoffes ausmacht (Handelte es sich bei den misslungenen Operationen um Formfehler aufgrund von Inkompetenz oder um mit Absicht zugefügte Verletzungen?), wird nicht beantwortet. So versumpft „Dr. Death“ schließlich im uninspirierten Serien-Mittelmaß.

von Christian Klosz

Christopher Duntsch (Jushua Jackson) ist ein Chirurg auf der Überholspur: Sein kluger Geist, sein Charme und sein großes Ego öffnen ihm Türen zu den besten Krankenhäusern in Texas. Dass seine Leistungen mit dem großkotzigen Gehabe bald nicht mehr mithalten können, fällt zunächst nur wenigen auf, die, die sich dagegen stellen wollen, bereuen es bereits kurze Zeit später. Als sich die Berichte von fehlerhaften Eingriffen häufen, heften sich zwei Kollegen, Dr. Kirby (Christian Slater) und Dr. Henderson (Alec Baldwin) an die Fersen des Hochstaplers, beginnen zu ermitteln und stoßen auf immer erschreckendere Details. Erst die junge Staatsanwältin Shughart (AnnaSophia Robb) ist nach jahrelangen Anläufen bereit, sich des Falles anzunehmen und für Gerechtigkeit zu sorgen, nachdem die beiden zuvor bei unzähligen Stellen abgeblitzt waren. Das Ziel: Dem Wirken des Dr. Duntsch ein Ende zu setzen und ihn für immer hinter Gitter zu bringen.

Inszenatorisch bewegt sich „Dr. Death“ auf solidem Niveau, die Dramaturgie leidet in den letzten Folgen, die bekanntlich die wichtigsten sind, ordentlich: So wird aus einer zuvor sehenswerten Serie ein mit Klischees und Pathos vollgestopftes Massenprodukt, das es nicht vermag, sich von vergleichbaren Serien abzuheben. Dabei hatte alles vielversprechend begonnen: Düstere Atmosphäre, das „Geheimnis des Bösen“, das den von Joshua Jackson über weite Strecken überzeugend gespielten Doktor Tod umweht, Blicke in die Abgründe einer boshaft narzisstischen Seele, deren Leiden durch ausgewogenes Erzählen aber irgendwie auch nachvollziehbar wird. Davon ist in Episode 7 und 8 nichts mehr übrig, Duntsch wird als fettes Wrack dargestellt, das in der letzten Folge gegen Ende gar nicht mehr zu Wort kommt. Reizvoll ist zu Beginn auch das ungleiche Duo Baldwin-Slater, das gut harmoniert, wenngleich die Figur des Dr. Kirby (oder Christian Slater?) furchtbar nervig ist. Alec Baldwin hingegen gibt als idealistisch-verbissener Dr. Henderson weitaus bessere Figur ab. Leider werden die beiden zentralen Protagonisten aus unerfindlichen Gründen ab Episiode 6 geradezu aus der Serie geschnitten, ihren Platz als „Kämpferin für das Gute“ nimmt die Staatsanwältin Michelle Shughart ein. Die ist aber derart blass und uninteressant gestaltet, dass die Serie als Ganzes darunter leidet. Die unbedarfte Darstellung, die die Figur äußerst naiv erscheinen lässt, tut ihr übriges.

Als schließlich alle interessanten und reizvollen Charaktere ihren Platz räumen mussten, ausgetauscht wurden oder via Dialogbuch zum Verstummen gebracht wurden, stehen sich im Finale im Gerichtssaal farblose Figuren gegenüber, die mit viel Pathos und Kitsch vortragen, warum Dr. Duntsch sehr böse ist. Das ist er auch. Aber Serien wie jene ziehen ihre Faszination gerade daraus, dass die Ambivalenzen derartiger Charaktere dargestellt und ausgeleuchtet werden, und nicht glattgebügelt, um uns zu sagen, was wir eh schon wissen: Das ist leider nicht nur mutlos, sondern auch langweilig und bieder.

Fazit:

Solider Beginn, guter Mittelteil, mangelhaftes Finale: „Dr. Death“ hat durchaus seine Momente, nämlich dann, wenn sich die Macher trauen, der morbiden Faszination eines soziopathischen Doktors Raum zu geben, der sich mit seinem Wirken zwischen Himmel und Hölle bewegt. Teileise gute darstellerische Leistungen können aber auch nicht über die dramaturgischen und inszenatorischen Schwächen der letzten Episoden hinwegtäuschen, die der Serie damit zusätzlich ihre (aufklärende) Wirkung nehmen: Schade.

Bewertung:

Bewertung: 5 von 10.

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